Ortsentwicklung, Bauen und Wohnen

Die Klimawende ist ohne Änderungen beim Bauen und Wohnen nicht machbar. Untersuchungen zeigen, dass gerechte und klare Regeln gewünscht werden. Wir sind überzeugt, dass es klare Vorgaben der Gemeinde zur Klimawende für die Immobilienwirtschaft und Einwohnerschaft braucht.

Gewerbe und Wohnen

Ein ausgewogenes Verhältnis von Einpendler- zu Auspendlerzahl markiert eine Grenze, deren Überschreitung Wohnungs- und Verkehrsdruck mit sich bringt. In einer ausgewogenen Gemeinde wohnen mindestens zweieinhalb Mal mehr Menschen als es Arbeitsplätze gibt. Gräfelfing liegt mit 1,6 Einwohnern pro Arbeitsplatz weit unter diesem ausgewogenen Maß. Damit steigt zwar das Gewerbesteueraufkommen, aber es findet auch ein zunehmender Verdrängungswettbewerb um Wohnraum statt, wenn dieser nicht mitentwickelt wird.
Die Korrelation des Arbeitsplatzüberschusses mit dem Pendlersaldo ist sehr hoch. Gräfelfing hat überproportional Gewerbe angesiedelt. Wollen wir den Wohnungs- und Verkehrs-druck nicht weiter ins unermessliche steigern und noch auf die Wohn- und Lebensqualität in unserer Gartenstadt Wert legen sowie unseren Rest an Grünflächen und Wald schützen, dann muss Schluss sein mit der Neuausweisung von Gewerbeflächen und der Jagd nach immer neuen Rekorden bei der Gewerbesteuer. Auch eine Verdichtung der bestehenden Gewerbeflächen ist kritisch zu prüfen.
Alleinstehende Personen können ihre großen Häuser nicht für Familien frei machen, weil sie kein Appartement in ihrem gewohnten Umfeld finden. Familien, die sich trennen, müssen mangels kleinerer Wohnungen Heimat und Schule verlassen. Wenn wir den Gräfelfingern unter den jetzt schon herrschenden Bedingungen noch Chancen auf dem heimischen Wohnungsmarkt einräumen wollen, dann muss die Gemeinde Anreize für Mehrfamilienhäuser schaffen oder selber bauen.

Wohnungsgenossenschaften und Bauprojekte

In der heutigen Zeit sollte die Gemeinde Gräfelfing keine gemeindeeigenen Grundstücke mehr verkaufen. Sie sind der Schlüssel für eine zukunftsfähige Wohn- und Siedlungspolitik.
Bei der Entwicklung gemeindeeigener Flächen soll genossenschaftliches Wohnen gefördert werden. Eine Säule für die Versorgung mit günstigem Wohnraum sind auch in Gräfelfing die bestehenden Wohnungsbaugenossenschaften. Langjähriges Wohnen und stabile Nachbarschaften liegen in der Natur der Genossenschaftsidee. Die Mieten orientieren sich an den Belangen der Mitglieder und ermöglichen Mehrgenerationen- und Inklusions-Wohnen. Wohnungsbau durch eine Baugenossenschaft ermöglicht Gräfelfinger Bürgern eine direkte Gestaltung ihres Wohnumfeldes und bietet preisgünstiges Wohnen für Bürger mit geringeren Einkommen.
Für funktionierende selbstverwaltete Bau- und Wohnprojekte ist eine Mindestgröße von Gebäuden oder Grundstück unverzichtbar. Aktuell bietet in Gräfelfing das Konversionsgelände der alten Doemens-Akademie eine entsprechende Möglichkeit.

Ortszentren

In der Bahnhofstraße entsteht ein Immobilienbüro nach dem anderen, traditionelle Geschäfte verschwinden. Am Jahnplatz bestimmt ein ödes Baufeld seit Jahren die Ortsmitte.
Wir benötigen attraktive Supermärkte mit großen Verkaufsflächen in den Ortszentren, nicht am Ortsrand. Dann können daneben die kleinen Geschäfte florieren. Wir wollen eine lebendige urbane Gemeinde und keine Schlafstadt. Eine Gartenstadt verträgt Verdichtung durch mehrgeschossigen Wohn- und Gewerbebau in ihrer Mitte und an den Bahnhöfen.
Eine ausgebaute Fahrrad-Hauptroute zwischen dem wachsenden Campus Martinsried und den neuen Wohnungen in Freiham bringt neue Kaufkraft in die Bahnhofstraße. Bürgerschaftliches Engagement könnte sichtbar werden durch ein Inklusionsrestaurant am Rathausplatz und ein Bürger- und Kunstcafé im sanierten Bürgerhaus.
Die Aufwertung und Umgestaltung des Jahnplatzes ist überfällig, damit Lochham ein zeitgemäßes und attraktives Versorgungszentrum erhält. Dabei ist die städtebaulich verträgliche Schaffung und Integration des für einen passenden Einzelhandelsbesatz erforder-lichen Baurechts von entscheidender Bedeutung.
Auch der Eichendorffplatz sollte aufgewertet werden und zwar durch einen Wochenmarkt im vorderen Bereich. Dabei könnte endlich die Idee umgesetzt werden, die eingelagerten Gusssäulen des Lochhamer Bahnhofs für eine kleine, offene Markthalle zu verwenden.

Öffentliche Einrichtungen

Bei der Sanierung des Bürgerhauses sollen ein Bürger- oder Kunstcafé an der Schnittstelle zwischen Foyer und Kinofoyer und die Nutzung des Lesecafés im 1. OG auch außerhalb der Öffnungszeiten der Bibliothek für die Treffen von Vereinen geplant werden. Die Bühne soll auch für mobilitätseingeschränkte Personen erreichbar werden.
Gräfelfing verfügt zwar über Freizeitsport-Einrichtungen für Erwachsene, etwa Tennisplätze, aber im Vergleich zu den Nachbargemeinden über zu wenig Angebote für Jugendliche. Wir schlagen einen Grasplatz mit Hügeln (Dirtpark) für Biker und eine Surfwelle in der Würm vor. Die Naturbadestellen an der Würm müssen saniert werden. Für Freizeitsportler ist ein öffentlich zugänglicher Outdoor-Fitness-Park zu errichten.
Bei der Planung zur Modernisierung und Erweiterung des Bauhofes soll die Einrichtung einer Gebrauchtwarenhalle geprüft werden. Zur Klimawende gehört auch ein nachhaltigerer Umgang mit Konsumgütern. Die zurzeit am Wertstoffhof Gräfelfing existierende Wertstoffbörse ist schlecht auffindbar, schwer zugänglich und mutmaßlich wenig genutzt. Das Betriebskonzept könnte überarbeitet, eine Mitarbeit durch Ehrenamtliche und eine Selbst-hilfewerkstatt diskutiert werden. Ein Servicecenter für die Ausgabe von Leihgeschirr etc. und ggf. für die Beratung in Entsorgungsfragen könnte diese Halle ergänzen.

Gartenstadt

Durch die eher zurückhaltende Planungspolitik der letzten Jahrzehnte ist es in Gräfelfing trotz Stadtnähe und Bebauungsdruck gelungen, die Struktur und den Charakter der Gemeinde als Gartenstadt mit lockerer Bebauung zu bewahren. Wir setzen uns für eine generelle Beibehaltung dieser bewährten Bodenpolitik ein und sind der Überzeugung, dass dadurch der Wunsch und der Anspruch der Bürgerinnen und Bürger auf ein hochwertiges Wohnen in Gräfelfing gegen den hohen Baudruck verteidigt und die Gemeinde vor den negativen Folgen, etwa noch mehr Verkehr, geschützt werden kann.
Wir stellen uns der Verantwortung gegenüber dem Zuzugsdruck nach München. Zusätzlicher bezahlbarer Wohnraum muss geschaffen werden. Dies soll nicht durch Ausweisung neuer Baugrundstücke für Siedlungshäuser und Villen auf Kosten der Natur, sondern durch eine angemessene Verdichtung in den Ortszentren geschehen.